Tragwerksplanung

FALLBEISPIEL
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Tragwerksplaner Kai Matull und HEG Bürogründer Martin Gersiek vor dem um drei zusätzliche Geschosse erhöhten Gebäude
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Aufstockung Kaufhaus Dustmann in Dortmund

Das Kaufhaus Dustmann ist seit den 1970er Jahren eine Institution in Dortmund. Heinz-Herbert Dustmann, der neben dem Kaufhaus auch das weltweit tätige Ladenbau-Unternehmen DULA führt, strebte an, das Gebäude energetisch zu sanieren und das Konzept »Kaufhaus« in die Zukunft zu transportieren. Während der Sanierung des an das Kaufhaus angrenzenden 8-geschossigen DULA-Verwaltungsgebäudes entsteht die Idee, das Kaufhausgebäude nicht nur um ein Geschoss, sondern um drei zusätzliche Geschosse zu erhöhen. Eine derart drastische Erhöhung erscheint bei einem Gebäude von 1970/71 im ersten Moment als eine »Mission Impossible«!

Kaufhaus Dustmann vor der Aufstockung und Sanierung

Gegen die Möglichkeit einer dreigeschossigen Aufstockung spricht: 1. Die Aufstockung um drei Geschosse bedeutet für die Stützen und Wände im untersten Geschoss eine Verdopplung der Lasten. In den oberen Geschossen ist die prozentuale Erhöhung der Belastungen, die auf die tragenden Wände einwirkt, aber noch größer. 2. Der Baugrund kann nicht verstärkt werden. Selbst wenn der Baugrund tragfähiger sein sollte, als bei der Errichtung des Bestandes angenommen, würde die Bewehrung der Fundamente bei verdoppelter Belastung nicht ausreichen. 3. Selbst wenn man über die sehr aufwendige Möglichkeit der Verbreiterung von Fundamenten nachdenkt, besteht diese Möglichkeit an der Grenze zum Nachbar-Grundstück nicht. 4. Die horizontalen Lasten aus Wind wachsen mit zunehmender Höhe nicht nur linear, sondern sogar quadratisch an.

Dem Projekt kommt zugute, dass die statischen Anforderungen bereits sehr frühzeitig in die Planungen der Architekten eingeflossen sind.

Unter Nutzung der Bestandsstrukturen ist es gelungen, das Gebäude zukunftsfähig zu machen

Dipl. Ing. Kai Matull
Tragwerksplanung
HEG Standort Dortmund

Auch das benachbarte Verwaltungsgebäude wurde durch einen neuen Eingangsbereich aufgewertet und die beiden Gebäudeteile durch eine gläserne Verbindungsbrücke verbunden.

Trotz allem startet HEG eine Machbarkeitsstudie für die dreigeschossige Aufstockung, die von Baugrunderkundungen begleitet wird. Alle kritischen Punkte müssen im Rahmen der Studie beleuchtet werden. Grundlage für die Studie sind erste Vorplanungen des Architekturbüros henke.siassi. Während der Studie finden umfangreiche Abstimmungen zwischen den Tragwerksplanern Dr. Martin Gersiek und Kai Matull von HEG und den Architekten Alexander Siassi und Andreas Henke statt. Gemeinsam tüfteln sie an Konzepten zur Verstärkung der Fundamente und für zusätzliche tragende Bauteile in den Bestandsgeschossen. Als dann die begleitenden Baugrunduntersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass der Baugrund höhere Pressungen aufnehmen kann, als in der Statischen Berechnung von 1970 angenommen wurden, lautet das Ergebnis der Machbarkeitsstudie: Die Aufstockung, die zunächst unmöglich erschien, wird technisch und wirtschaftlich machbar sein! Die Planungen können beginnen. Auf die aufwendige und kostenintensive Vergrößerung der Fundamente kann durch einen konstruktiven Kunstgriff verzichtet werden: Die Füße der auf den Fundamenten stehenden Stützen und deren Verstärkungen werden durch einen Stahlkragen so weit vergrößert, dass die Kraglänge der Fundamente, also die Länge vom Fundamentrand bis zum Stützenfuß bzw. Stahlkragen, deutlich verringert wird. Dadurch bleibt die Biegebeanspruchung im Fundament trotz erhöhter Last gleich.

Die Ausführung der Aufstockungen erfolgt mit einem effizienten Leichtbau-Tragsystem aus Spannbetonhohldielen kombiniert mit dem System Deltabeam. Da die Nachhaltigkeit bei der Planung im Vordergrund steht, erhielt das Gebäude neben neuer Technik der Heizungs-, Lüftungs- und Kühlanlage eine komplett neue Thermische Gebäudehülle. Dies ermöglicht nicht nur eine Energie-Einsparung von ca. 80% sondern auch eine große Freiheit bei der Fassadengestaltung. Offen und transparent durch große, bodentiefe Fenster erzeugt das Gebäude nun eine repräsentative Wirkung, die den neuen Fokus auf hochwertige Mode von Designer-Marken unterstreicht. Das Gebäude wird so in einen modernen, zukunftsweisenden »Lifestyle-Store« mit überregionaler Anziehungskraft transformiert. Der intensive konstruktive Dialog zwischen HEG und henke.siassi architekten hat es ermöglicht, Bausubstanz zu erhalten, den Bestandsbau weiter zu nutzen und für aktuelle und zukünftige Nutzungsanforderungen zu optimieren. Bauen im Bestand ist mit einem deutlich geringeren Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden als ein Abriss und Neubau und dadurch oft die nachhaltigere Lösung.

    Fakten
  • Auftraggeber Dustmann & Co.KG
  • Architekten henke siassi architekten
  • Fertigstellung 2018
Durch die Aufstockung erhält das Kaufhaus 1.000 qm an zusätzlicher Verkaufsfläche, darüber hinaus entstehen 1.400 qm Büro- und Praxisfläche.

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